Vom Schweigen zum Atelierbesitz

5.1. Tag-Nacht-Brücke

Ina Geißler - Kartierung der Innenwelt - Schwalbe

Gestern erzählte ich dem Ordnungspersonal meiner Gedanken von dem gewonnenen Wettbewerb für die Tagarbeit. Die Freude nahm ungewohnt viel Raum ein, doch der vertraute Zwiespalt flüsterte leise im Hintergrund. Nebenbei laufen Bewerbungen für meine Nachtarbeit, die noch keine Bestätigung erfahren haben. Es fehlt der greifbare Erfolg, den ich stolz nach außen tragen könnte. Jeden Tag widme ich mich dem, was ich in der Dunkelheit einfange, ordne es am Morgen, teile es in Kapitel, während der Verlag daran feilt. Erste Möglichkeiten, diese nächtliche Forschungsarbeit zu zeigen, zeichnen sich ab, doch da liegt immer noch ein Graben zwischen dem Wunsch, andere teilhaben zu lassen, und der Angst, in diese tiefen, dunklen Geheimnisse blicken zu müssen, die ich nicht ganz unter meiner Kontrolle habe. Diese Arbeit ruht wie ein behütetes Nesthäkchen zu Hause, noch zu unsicher, um sich in die Welt zu wagen.

Der Wettbewerbsgewinn verspricht Medaillen, doch an meiner nächtlichen Arbeit haftet eine Art Schleier aus Scham, den ich nicht ganz abschütteln kann. Sie ist mir nah, vielleicht zu nah. So baue ich eine Brücke zwischen Tag und Nacht, schaffe eine sanfte Verbindung, um aus der Entfernung zu schauen und einen sicheren Übergang zu ermöglichen.