Vom Schwebezustand ins Buchgerüst

6.4. Verzettelt im Hamsterrad

Ina Geißler - Kartierung der Innenwelt - Hamster

Wir betreten am Abend einen modernen, sterilen Bungalow, nüchtern und gleichmäßig beleuchtet, ohne jede Wärme. Der Eingang führt uns in eine funktionale Küche, die direkt zur Treppe ins Wohnzimmer führt, wo andere Gäste schon auf die Weihnachtsfeier warten. Mein Begleiter will die Plätzchen holen, die im Versteck neben dem Hauseingang deponiert wurden, bevor wir die Gäste begrüßen – als wäre es nicht genug, was wir mitgebracht haben. Doch ich bestehe darauf, dass wir erst unsere eigenen Sachen hinaufbringen. Oben reicht man mir eine Schüssel mit Mürbeteigkugeln, halb zerfallen wie unfertige Gedanken, die zwischen meinen Fingern bröseln, während ich strenge Listen von Aufgaben überprüfe, um nichts zu übersehen.

Später sitze ich über meinem Projekt zur Traumarbeit, versuche ein Gleichgewicht zwischen Struktur und Zufall zu finden, entschlossen, den Wert der Träume zu ordnen. In meiner Anspannung spüre ich die Schärfe meiner inneren Stimme, die mich mahnt, den Überblick nicht zu verlieren.

Auf einem Gerüst vor einem mehrstöckigen Haus folge ich einem flüchtigen Bekannten, der kindlich wirkt – oft innerlich abwesend, aber stets verfügbar. Er führt mich zu einer improvisierten Terrasse auf der Einrüstung, wo die Zugänge des Hauses offenstehen. Meine Projektnotizen, lose auf Papier geschrieben, hängen dort an einer Holzwand. Trotz seines mangelnden Verständnisses hilft er mir, die Arbeit zu ordnen, als könnte er die Fülle meiner Gedanken von außen erfassen. Unten höre ich Lachen; der Spott zweier arroganter Künstler gilt ihm. Am Ende berührt er mich in einer Intimität, vertraut und bedrängend zugleich.