Von Schrankflucht zu stabilen Tischen
1.1. Reiskochtisch

Ich stehe vor dem Hochschulgebäude und blicke auf die breite Hardenbergstraße. Etwas hält mich einen Moment zurück, während ich auf die gegenüberliegende Straßenseite blicke. Dort beginnt ein begrüntes Viertel mit Cafés und einladenden Plätzen, während hinter mir die Vergangenheit meiner Studienzeit ruht.
Eine Frau erzählt mir, wie sie am Wochenende hier beinahe überfahren worden wäre, als sie die Straße überqueren wollte. Sie war in Gedanken, wie so oft nach langen Arbeitstagen. Erst im letzten Moment bemerkte sie das Auto. Sie blieb mitten auf der Straße wie erstarrt stehen, das Herz in der Kehle – doch das Auto hielt gerade noch rechtzeitig an. Als sie wieder festen Halt fand, wurde ihr mit einem Schlag die Fragilität des Lebens bewusst – und mit ihr die Erkenntnis, dass es Zeit war, weiterzugehen. Oft sind es nur kleine Unaufmerksamkeiten, die alles verändern. Zugleich wird deutlich, wie schwer es manchmal ist, Altes hinter sich zu lassen.
Während sie weiterspricht, denke ich an mein Kind. An den Reis, den ich früher für es kochte. Es war noch klein, und in der Kita nannten sie die weißen Körner aus den halbtransparenten Kochbeuteln „Hosentaschenreis“, wenn er muffig schmeckte. Später bestand es darauf, den Reis gründlich zu waschen und genau zu garen. Ich sehe mich, wie ich ihm auf einem improvisierten Tisch Reis koche – ein seltsam wackeliges Gebilde, das trotzdem hielt, weil es genau das tat, was es sollte.