Vom Hundeangriff zur Abendstille

4.1. Alleingang im Wandel

Ina Geißler - Kartierung der Innenwelt - Schwan

Am Abend vor der Abreise stehe ich vor meinem offenen Koffer. Es ist wie jedes Mal, als würde ich nicht nur Kleidung einpacken, sondern auch Gedanken, Ängste und Erwartungen verstauen. Ich lasse den Reißverschluss offen, gehe hinaus in die Straßen dieses Ortes, der mir vertraut, aber nicht mein Zuhause ist. Normalerweise gehen wir gemeinsam, aber heute bin ich allein in den ruhigen Straßen, während er sich anderweitig beschäftigt. Sonst spüre ich oft die Einsamkeit, wenn ich getrennt von ihm bin, doch heute nicht. Die Angst, die mich oft begleitet – dass er die Zeit ohne mich nutzt, um heimlich Entscheidungen zu treffen, die mein Leben neben ihm in für mich unerwünschte Richtungen lenken könnten – , bleibt zurück, irgendwo in den gepackten Ecken des Koffers.

Ich erinnere mich an eine Zeit, als ich den Weg nicht fand, während er ohne Zögern den direkten Pfad nahm – hin zu einem Ort, der mir fremd geworden war: das alte Haus seines Ex-Chefs, das einmal wie ein Zuhause gewesen war. Verzweifelt und völlig unverstanden vertraute ich darauf, dass wir gemeinsam neue Wege suchen würden. Es schien, als hätte ich mich zutiefst getäuscht. Doch heute ist der Abend zum Glück ganz anders. Ich gehe leicht, spüre Freiheit im Alleingang. Ich habe etwas losgelassen, und in der Kühle der Luft fühlt sich das gut an.