Von Löwengier zu Wolfszähmung
3.1. Krakenlösung

Meine Taschenlampe versagt, als ich in der Nacht aufwache, um meinen Traum festzuhalten. Das Licht ist zu schwach. Langsam dämmert der Morgen, und die ersten Sonnenstrahlen dringen durch das Fenster. Ich greife nach dem Handy, nutze es als Lichtquelle, doch es bleibt das Gefühl, als ob mir etwas entgleitet – etwas, das ich nicht erzwingen kann.
Später stehen wir am S-Bahnhof Wannsee, er und ich, im Wartebereich meiner Jugend. Ich zerteile weiße Wasservögel, schneide ihre Schnäbel in feine Ringe, ordne die Fragmente auf einer Pappe, wie Marzipanfiguren unter Zellophan. Später finden wir uns in den Bergen wieder. Hier lasse ich den Schnabel unberührt, mehr im Einklang mit dem Moment – die Form bleibt ganz. Wir sind älter geworden, stehen nackt in den terrassierten Wasserbecken, die sich am Abhang des Parkplatzes entlangziehen. Weite Hügel breiten sich vor uns unter Nebelfeldern aus. Die Luft ist frisch, das Gras nach dem Regen kräftig grün. Hand in Hand stehen wir da, während der Blick über die Landschaft schweift. Unsere Körper tragen die Spuren der Zeit, doch der Ausblick über die Wiesen bleibt unverändert. Die Vorstellung von unserer Unterkunft, unserer kleinen Dusche, bringt ein Gefühl von Wärme.
Die Frau, die einst die Wege zur Verwirklichung meiner früheren Träume aufzeigte, liegt nun auf einem Tresen eines Schmuckbasars, in einem grün schillernden Kleid, aus einer längst vergangenen Epoche. Sie ist ein Abbild meiner alten Ziele, mit einem fesselnden Krakenarmreif – ein Schmuckstück, das meinen Blick anzieht, aber mich nicht mehr festhält.