Vom Hundeangriff zur Abendstille

4.2. Froschwanderung

Ina Geißler - Kartierung der Innenwelt - Falter

An einem frühen Sommerabend stehe ich auf dem sandigen Weg, der sich entlang des Sees schlängelt. Die Brücke, die aus dem dunklen Laubwald herausführt, liegt vor mir wie eine Grenze. Während ich hier warte, denke ich an sie, diejenige, die mir einst Hoffnung gab, zu den „Coolen“ zu gehören. Doch nach einem Streit fahren wir jetzt getrennt mit dem Fahrrad zum Strand. Der Sand unter meinen Füßen ist trocken und brüchig, als wäre er schon lange nicht mehr betreten worden. In der Ferne erkenne ich Gestalten – Männer, die allein und in sich gekehrt im Sand verweilen. Einer von ihnen blickt zu mir herüber, erinnert sich an eine alte Begegnung, eine falsche Nähe, die nie wirklich bestand. Doch ich verspüre keinen Wunsch, diese Verbindung neu zu knüpfen, und wende mich ab.

Meine Freundin springt plötzlich von der Brücke. Für einen Moment durchzuckt mich Panik – das Wasser ist so flach. Doch sie taucht ein, und die Gruppe empfängt sie voller Freude als Attraktion, die alles durchbricht. Ich bleibe ruhig am Rand, lehne mich zurück und schließe die Augen.

Später, mit meinem Kind, fahre ich sicher die Kurven entlang. Am Waldrand steigen wir aus. Es ist still, nur der Schnee knirscht unter unseren Füßen und schimmert im letzten Licht der Laternen. Kleine Tiere sitzen in den tief herabhängenden Zweigen der Tannen, die sich über dem schmalen Waldweg ausbreiten, als wollten sie uns abhalten, noch weiterzugehen. Eine einäugige Katze starrt mich wie eine Eule aus dem Dickicht an. Der Wald ist dunkel und schwer, und ich spüre die Furcht vor der einbrechenden Nacht. Ich atme ruhig, bis sich die Angst legt. Dankbar für das geheimnisvolle Schauspiel kehren wir um.

Zurück am Wagen sehen wir die Frösche, wie sie zielgerichtet über die Straße hüpfen, als ob sie genau wüssten, wohin sie gehören.