Zwischen Gift, Wurm und zwei Stühlen
2.2. Speisewurmverweigerung

Ich stehe in einem leeren Zelt auf einem verlassenen Jahrmarkt. Wir sind allein; das andere Paar, mit dem wir gekommen sind, ist verschwunden. Langsam lassen wir uns einander näherkommen, tastend, während die Anspannung der letzten Monate sich immer mehr löst. In einer der stillen Jahrmarktsbuden finden wir uns wieder, nah und ungestört, der Hüllen entledigt, und vergessen für einen Moment alles um uns herum. Doch plötzlich erscheint ein unförmiges Schlangenwesen am Boden. Mein Partner entkommt schnell durch ein kleines Fenster, während ich mich vorsichtig, aber bestimmt, an der Schlange vorbeibewege. Vor meinen Augen verwandelt sie sich in ein frierendes Baby. Es liegt da, schutzlos, und ich spüre tief in mir, dass ich es nicht zurücklassen kann.
Später gehe ich barfuß einen Strand entlang, der nur teilweise befestigt ist. Der Sand gibt nach, lässt mich einsinken, und ich spüre, wie kleine Scherben meine Füße ritzen. Unter der Oberfläche lauern Krabben, die nach mir greifen, als ich auf einen schmalen Betonstreifen trete. Bedrohungen scheinen überall zu sein, doch ich halte inne und finde in mir die Ruhe, die ich brauche, um weiterzugehen.
In einem überfüllten Biergarten entdecke ich einen Wurm auf meinem Teller. Die anderen essen ihn als Proteinquelle, doch ich empfinde nur Ekel. Ich lehne den Wurm ab, fest in dem Wissen, dass ich nicht alles akzeptieren muss, was andere sich selbstverständlich einverleiben. Ich verlasse den Ort gelassen, auf der Suche nach etwas, das mir wirklich guttut. Spott begleitet mich, als man mich als „Touri“ bezeichnet, doch das berührt mich nicht – ich bleibe bei mir.